Und was geschieht danach? – Die Gemeinschaft der Lernenden (Community of Practice) (vi)
Art of Hosting zu initiieren braucht eine große Anfangsenergie, gerade, wenn eine Organisation diesen Zugang noch nicht kennt. Wichtig ist es, der Kooperation und der Haltung, die im Hosting-Team und in jenen, die Lust zum Weitermachen bekommen haben, geblieben sind, einen guten Raum zu geben, damit das Gelernte und Erfahrene weiter reflektiert und entwickelt werden kann. Um wirklich systemverändernd zu arbeiten, braucht es informelle Gemeinschaften, die längerfristig Prozesse zusammenhalten und steuern sowie mit Rückschlägen umgehen können. Daher: Bilden Sie eine Community of Practice!
Was macht eine Community of Practice aus?
Die Kombination der folgenden Eigenschaften bildet den Motor einer jeden Gemeinschaft von Lernenden (Community of Practice).
Freiwilligkeit: Sowohl in Form der Mitgliedschaft sowie der Rollenverteilung: Niemand wird „entsendet oder verpflichtet“; alle Rollen innerhalb einer Gemeinschaft werden freiwillig übernommen und durch Akzeptanz der Mitglieder bestätigt. Die partizipative und kollektive Arbeitsweise einer gesunden Gemeinschaft von Lernenden beruht auf dem Einladungs- und Inspirationsprinzip.
Vertrauen: um echtes Lernen sowie innovative Lösungen zu finden, müssen auch „Misserfolge“ beurteilungsfrei mitgeteilt werden können. Der Austausch von Wissen, auch implizitem Wissen, erfolgt dann am besten, wenn es als Gemeinschaftsgut gehandhabt und auch als solches anerkannt wird.
Selbstorganisation: Der/die Sponsor:in stellt zwar sicher, dass Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, mischt sich aber nicht in die Themenwahl und das Management der Gemeinschaft ein.
Zugehörigkeitsgefühl: Jeder und jede ist gerne dazu bereit etwas zu geben, wenn er oder sie sich in einer Gemeinschaft zugehörig fühlt. Das ist ein bedeutender Unterscheid zu klassischen Netzwerken. Es wirkt identitätsstiftend und kann die Wertschätzung gegenüber eines Arbeitsgebietes und/oder auch des(der) Ausführenden(r) erhöhen.
Ein geteiltes Arbeitsgebiet oder gestelltes Thema sowie eine geteilte Praxis, ein Handwerk, eine Kunst, eine Technik.
Zeitliche Begrenzung auf den Zweck der Gemeinschaft: Wenn die Mitglieder den Zweck nicht mehr teilen, löst sich die Gemeinschaft auf. Der Zweck, die Zielsetzungen und die Arbeitsweisen müssen ständig überprüft werden und auf die Bedürfnisse der Mitglieder abgestimmt werden. Aus diesem Grund sollte innerhalb einer Gemeinschaft immer ein purpose statement (Zweckerklärung) entwickelt werden.
Rollen in einer Community of Practice:
Ein Initiator bzw. eine Initiatorin (Caller), der die Notwendigkeit für eine Gemeinschaft sieht.
Ein Sponsor bzw. eine Sponsorin in der Organisation, der bzw. die über Entscheidungskompetenz über die Ressourcenzuteilung verfügt. Mit dem Sponsor bzw. der Sponsorin sollte eine Vereinbarung zur Vision erfolgen. Die Kerngruppe trifft den Sponsor bzw. die Sponsorin in regelmäßigen Abständen (vielleicht ein- bis zweimal im Jahr). Er bzw. sie ist kein Mitglied der Community, kann aber zu ausgewählten Treffen eingeladen werden.
Ein Core-Team, eine Kerngruppe, welches die Geschicke der Gemeinschaft kollektiv leitet. Kerngruppenmitgliedschaft beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit sowie Resonanz und Akzeptanz. Kerngruppenmitglieder müssen über genügend Zeit und Engagement verfügen, um an den jeweiligen Treffen teilzunehmen zu können. Die Praxiserfahrung selbst spielt eine kleinere Rolle. Die Mitgliedschaft in der Kerngruppe ist jederzeit veränderbar.
Gemeinschaftspfleger:in: sie sind die Gastgebenden der Kerngruppe. Im Idealfall gibt es zwei Gemeinschaftspflegende, die die Kerngruppe sanft „anstupsen“.
Arbeitsformen
Es gibt Gemeinschaften von Lernenden, die sich hauptsächlich physisch (also „vor Ort“) treffen, solche, die sich online treffen, und solche, die eine Kombination von beidem nutzen. Je nach Stärke des Vertrauens und der durch den gemeinsamen Zweck verursachten Bindung (und Motivation) braucht es Treffen vor Ort, vor allem, wenn eine entsprechende Vertrauensbasis geschaffen werden soll, die nachhaltig die weitere Zusammenarbeit prägt. Die Onlineunterstützung verfügt über die gleichen Verhaltensregeln (Vertraulichkeit, offen oder geschlossen) wie die Treffen vor Ort. Gerade in hierarchisch gegliederten Organisationsformen sind direkte Treffen unabkömmlich, um einen von beschränkenden Konventionen freien Raum zu schaffen, der zum Austausch anregt. Es können sich auch thematische Untergruppen bilden, die für die Teilnehmenden Nutzen stiften. Eine Community of Practice kann Experten bzw. Expertinnen oder Gäste einladen, sie kann sich aber auch mit anderen Gemeinschaften zu einem System von Gemeinschaften vernetzten.
Wirkung
Gemeinschaften von Lernenden erzielen eine Reihe von sichtbaren und weniger sichtbaren, messbaren und nicht messbaren Wirkungen und Ergebnisse. Die Beziehungen zwischen Mitarbeitenden in Organisationen oder denen zwischen Organisationen werden gestärkt, sodass die Kommunikationsflüsse verbessert und beschleunigt werden. Die Lernerfolge werden schneller geteilt, wie es in geplanten Trainings oder Kursen je möglich wäre. Oft übernehmen Gemeinschaften von Lernenden die Aufgaben des Wissensmanagements und machen implizites Wissen sichtbar. Eine reife Gemeinschaft von Lernenden (nach einem halben Jahr) kann zu einer lernenden Gemeinschaft werden und somit wertvolles Wissen und/oder Know-how für eine Organisation generieren.