Erkundung des gemeinsamen Zwecks (3)

Was bringt uns zusammen und wofür wollen wir uns alle einsetzen?
Wie oft gehen wir sofort in die Umsetzung, bevor wir genau verstehen, warum und wozu wir handeln wollen? Sei es, weil „wir es immer so gemacht haben“, sei es, weil noch Budgetmittel zur Verfügung stehen oder weil wir einer Aufforderung von außen folgen. Wie viele Treffen und Prozesse verlaufen ziellos und ineffizient, weil wir gar nicht wissen, „wozu das Ganze gut sein soll“?

Wenn wir keine gemeinsame Klarheit über den Sinn und Zweck unseres Vorhabens („Purpose“) haben, fehlen die Voraussetzungen und die Basis für erfolgreiches, gemeinsames Handeln.

Die Klärung des „purpose“ – des Sinns und Zwecks - steht also am Anfang eines jeden partizipativen Prozesses. Die „Caller“ (diejenigen, die aufgrund eines konkreten Bedürfnisses oder Anlasses, einen Prozess/ ein Treffen einberufen) und das Hosting-Team arbeiten den Purpose gemeinsam heraus und formulieren ihn so, dass er klar und leicht verständlich ist. Dadurch wird für alle Beteiligten deutlich, warum wir an etwas arbeiten und warum es die gemeinsamen Anstrengungen braucht. Dies fördert Motivation und Engagement. Gleichzeitig wird der Rahmen der Beteiligung abgesteckt: die Mitwirkenden verstehen, wozu sie eingeladen werden, welche Gestaltungsspielräume bestehen, worum es geht und worum nicht.

Durch den Fokus auf Sinn und Zweck wird zudem sichergestellt, dass Nebenschauplätze als solche identifiziert und beiseitegelassen werden können: das hilft, die vorhandenen Ressourcen für das wirklich Wichtige, den eigentlichen Sinn und Zweck, einzusetzen. Auch in schwierigen Prozessphasen hilft die Rückbesinnung auf den Purpose, das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und schlussendlich adäquate Antworten auf die anfangs formulierte Herausforderung zu finden.

Sinn und Zweck richten die Beiträge der Menschen und ihre Anstrengungen in eine gemeinsame Richtung aus. Handlungen, Aktionen, Gespräche werden miteinander verknüpft und alle verstehen, warum ihr Beitrag wertvoll ist.

Was wollen wir eigentlich – und wozu?
Folgende Fragen können helfen, den Purpose/ Sinn und Zweck zu erforschen und festzulegen:

„Was ist das höhere Ziel unseres Vorhabens? Welche Vision verfolgen wir?“ -> Sinn. Die Vision ist ein attraktiver Anziehungspunkt, eine Art Leitstern, der zwar unerreichbar sein kann, aber trotzdem Orientierung und Zuversicht gibt, sich auf den Weg zu machen.

„Wozu dient unser Vorhaben? Was wollen wir damit erreichen? -> Zweck. Der Zweck legt den Rahmen und die Zielrichtung eines Projekts fest. Er definiert die für die Zielerreichung nötigen Aktivitäten und Bemühungen, ohne diese jedoch inhaltlich festzulegen (Ergebnisoffenheit).

„Was wollen wir beitragen?“ -> Commitment. Im Sinn und Zweck wird die Absicht und verbindliche Willensbekundung formuliert, an der Zielerreichung mitzuwirken.

Der gemeinsame Zweck aller Beteiligten:
Neben dem gemeinsam definierten Sinn und Zweck können von den Beteiligten in einer Organisation oder einer Gemeinschaft sehr unterschiedliche Anliegen verfolgt werden. Diese individuellen Zugänge können nebeneinander bestehen – wichtig ist nur, dass sie dem gemeinsamen Purpose des Projekts nicht widersprechen. Die Offenlegung der unterschiedlichen Zwecke stellt sicher, dass es keine „hidden agenda“ gibt.

  • Folgende Fragen könnten für die kollektive Ermittlung des gemeinsamen Zwecks inspirieren:

  • Was wollen wir gemeinsam erreichen?

  • Was dient dem Bedürfnis am besten?

  • Wie passen unsere individuellen Bedürfnisse/ Zielvorstellungen zusammen – und was ist das gemeinsame Zentrum unserer Anstrengungen?

  • Auf welchen Ebenen wirkt unser Vorhaben (individuell, im Team, in der Organisation/ Gemeinschaft, in der Welt, ...)?

  • Wie spüren wir, dass es diese gemeinsamen Anstrengungen jetzt braucht?

  • … oder die „Wunder-Frage“: „Wenn das Problem gelöst wäre, das uns hier zusammengeführt hat, woran würden wir es merken?“

Sich Zeit nehmen:
Ein gemeinsames Verständnis, „Kollektive Klarheit“ hinsichtlich des Zwecks herzustellen, ist die wichtigste strategische Handlung eines Prozesses oder in der Planung eines Treffens. Wenn sie versäumt wird, fehlt die gemeinsame Ausrichtung und das Fundament der Zusammenarbeit. Das kann zu Verwirrung und/ oder Konflikten führen und die gewünschte Zielerreichung behindern.

Immer wieder überprüfen:
Die Erkundung des Zwecks ist nicht etwas, das man nur einmal macht. Wenn man Handlungen setzt, haben diese eine Wirkung (oder auch nicht). Darum ist es sinnvoll, den Zweck immer wieder neu zu überprüfen: Angesichts dessen, was passiert ist – sind wir noch auf unserer Linie? Ändert sich unser Zweck?

(3) Wir übersetzen hier den englischen Begriff „purpose“ nicht ganz zutreffend mit „Zweck“: „Purpose“ bedeutet auf Deutsch je nach Kontext Absicht, Ziel, Zweck, Vorsatz, Grund oder Sinn – und genau so vieldeutig wollen wir diesen Begriff hier verstanden wissen. Wir versuchen das mit der Doppelung „Sinn und Zweck“ deutlicher zu machen.