AoH-Minimaldesign: „Frage, Leute, Redegegenstand“
So kann das Charakteristische eines Art of Hosting-Prozesses zusammengefasst werden. Was ist damit gemeint?
Die Frage
Wenn wir der Prämisse „Ohne Bedarf kein Prozess“ folgten, bräuchte es viele Treffen oder Prozesse gar nicht. Die Energie dafür könnte gewinnbringender eingesetzt werden. Jede Zusammenkunft verfolgt im Grunde eine Absicht, möchte ein Ziel erreichen. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, ist es zentral, dass alle Teilnehmenden das Ziel kennen und ein Interesse an der Lösung des „Problems“ haben.
Dies ist der Fall, wenn
die Einladenden/ InitiatorInnen („caller“) sich Klarheit über ihren Bedarf und ihre Motivation verschaffen
diese klar und verständlich ausdrücken („kraftvolle Frage“)
die „richtigen“ Leute einladen, die sich kollektiv und individuell auf die Frage einlassen und
den Prozess und die Methoden zielgerichtet wählen.
Die Menschen
Wer sind die „richtigen“ Menschen? In einem Art of Hosting-Prozess werden Menschen eingeladen, die die gestellte Frage betrifft. Aus Betroffenen werden Beteiligte gemacht. Besonderes Augenmerk wird auf eine produktive Vielfalt der Beteiligten gelegt. Ein Art of Hosting-Prozess ist in drei Teile gegliedert:
Auf das Stellen der Frage folgt ein Explorieren der Frage/ Öffnen des Themas: Das Feld wird weit aufgespannt, alle möglichen und unmöglichen Ideen, Verknüpfungen und Assoziationen sind erlaubt.
Im dritten Teil geht es darum, auf das Ziel hin zu fokussieren, das (momentan) Überflüssige zur Seite zu legen und Ergebnisse auf den Punkt zu bringen. Zwischen diesem ersten und dem dritten Teil gibt es eine sogenannte „Knirschzone“, die sich dadurch kennzeichnet, dass viele teils widersprüchliche Ideen im Raum sind und noch keine Lösung in Sicht ist. Dieses Chaos gilt es auszuhalten und fruchtbar zu machen. Nur wenn wir bereit sind, die „Komfortzone“ zu verlassen, kann wirklich Neues entstehen!
Die Art of Hosting-Prozessdynamik stützt sich auf das Wertschätzen von Differenz vertraut auf die „Weisheit der Vielen“ und trägt dem Rechnung, dass durch das Zusammenwirken der verschiedenen Prozesselemente unvermittelt wirklich Neues entstehen kann („Emergenz“). Voraussetzung dafür ist die klare Prozess-Ausrichtung und die gleichzeitige (!) Ergebnisoffenheit.
Der Redegegenstand
Der Redegegenstand steht als Symbol für die Art und Weise der Zusammenarbeit. In einem Redekreis (“Circle“) begegnen sich alle Teilnehmenden auf Augenhöhe: Das aufmerksame Zuhören ist ebenbürtig mit dem Einbringen von Ideen und Informationen, das Verstärken von Sichtweisen gleich wichtig wie das Querdenken. Alle bringen ein, was ihnen persönlich am Herzen liegt. Das Subjektive wird geteilt, Beiträge werden nicht gewertet. Niemand hat „recht“ oder „unrecht“ – es geht um einen offenen und aufmerksamen Austausch und das gemeinsame Weiterdenken/ Weiterentwickeln.
Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung geht es auch um Beziehungen, darum, die jeweils anderen in ihrer Einzigartigkeit und individuellen Welt-Sicht wahrzunehmen und Verbindungen zu knüpfen. Dies braucht Zeit, Verlangsamung und Vertiefung. Die Gleichwertigkeit von Ergebnis und Beziehung mag ungewohnt klingen: Die Wichtigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes, das Miteinbeziehen des „ganzen Menschen“ für erfolgreiche Zusammenarbeit und nachhaltiges Lernen wird u. a. auch durch die aktuellen Forschungen der Neurowissenschaften belegt.