Drei Ebenen des Erntens

Der Ernteprozess bzw. die 8 Atemzüge/ Schritte (Abschnitt 2.4 bzw. 2.5) können als horizontale Darstellung gesehen werden, sozusagen als Grundriss und damit gleichzeitig auch als zeitliche Abfolge des Ernteprozesses.

Die hier vorgestellten Ebenen des Erntens stellen demgegenüber den Aufriss dar, quasi einen vertikalen Schnitt mit unterschiedlichen Flughöhen.

Dabei ist die Frage relevant, in welchen Kontext wir die Ergebnisse stellen – auf welcher Ebene die Ernte Sinn erzeugen und lernen ermöglichen soll.

Mikro-Ebene der Ernte

Auf dieser Ebene geht es um die unmittelbaren Ergebnisse aus dem Prozess.
a) Mikro-Ebene persönlich/individuell:
die eigenen Notizen, die gefassten Gedanken und neuen Erkenntnisse, das Wissen um einen neuen Kontakt mit dem spezifischen Wissen x.
→ Was machen wir mit dem, was wir notiert oder auf andere Weise mitgenommen haben?
→ Wie halten wir unsere Ernte fest? (damit wir gut reflektieren können…)
Diese Ebene umfasst alle persönlich-individuellen Ergebnisse. Alle weiteren Ebenen sind kollektive Ebenen von unterschiedlichen Gruppen:

b) Mikro-Ebene im gemeinsamen Prozess:
die gemeinsam generierten Ergebnisse aus dem Prozess einerseits; der gemeinsam durchlebte Prozess und die gemeinsame Erinnerung daran andererseits.
→ Wie können wir das im Prozess Geschehene festhalten und ernten?
→ Wie können wir ihm durch die Ernte unmittelbar Sinn, Bedeutung und gemeinsames Verständnis geben?

Makro-Ebene der Ernte

Was bedeuten die Ergebnisse für die teilnehmende Gruppe und ggf. für die Gruppe/Organisation, für die die TeilnehmerInnen im Workshop gearbeitet haben? Die Ernte auf dieser Ebene fragt zunächst „Was ist für uns / für unsere Gemeinschaft wichtig, zu erinnern oder festzuhalten?“ Und: „Was ist nützlich zu teilen? Wie erfolgt das am besten? An wen richten wir die Ernte im Besonderen?“

Die Ernte legt auf dieser Ebene besonderes Augenmerk einerseits auf die Artefakte der Ernte, die weitergegeben werden können (Präsentation, Newsletter etc.), andererseits auf die Emergenz - auf das, was in der Gruppe neu entstanden ist, z.B. durch Muster, die sichtbar werden. Der auf diese Ebene abstellende Ernteprozess versucht das neu Entstandene darzustellen, alles Relevante für die Organisation herauszufiltern und festzumachen.

Meta-Ebene der Ernte

Jeder Prozess findet in einem größeren Rahmen statt. Auf der Meta-Ebene geht es darum, die Reichweite der Ernte über die Organisation hinaus, im größeren Rahmen, festzulegen: Betrifft die Ernte alle örtlichen Betriebe oder jene in einem Cluster, national, international, weltweit? Oder alle Betriebe, die an Mitarbeiterbeteiligung und -mitbestimmung interessiert sind?

Das bedeutet: im Vorfeld beim Planen der Ernte darauf zu achten, dass sie für die betreffenden Netzwerke zugänglich und verständlich ist. Oder nach der Ernte zu erkennen und bspw. zu entscheiden: „das ist für alle Menschen im deutschen Sprachraum (...) relevant“.

In dieser Ebene der Ernte geht es damit um erkannte oder zu beleuchtende Muster, die in einem größeren Rahmen relevant sind, also mehr umspannen als die eigene Organisation. Denn vielleicht sind die Ergebnisse hilfreich für das Lernen und die Entwicklung eines größeren Umfelds.

In diesem vertikalen Schnitt durch die Ernte ergibt sich also die Frage: „Was sind die vordringlichen, uns wichtigen Ebenen, in denen wir uns bewegen wollen und denen wir die Ernte zugänglich machen wollen?“ Und natürlich: „In welchem Kontext sehen wir unseren Bedarf und die Lösungsmöglichkeiten?“ Auch wenn heute alles vernetzt und verbunden ist, bewegt sich jeder Bedarf in einem vordringlichen Rahmen. Und es ist aus unserer Sicht wichtig, diesen bewusst zu haben – wenn er im Fokus ist, können die anderen Ebenen in Ruhe parallel und im Hintergrund parat stehen.